Gefängnis mit dörflichem Ambiente


Gefängnis mit dörflichem Ambiente
– Nach den Aufzeichnungen von Gerhard Dietrich –

Durch eine wechselvolle Geschichte hindurch – über fast 400 Jahre – wurde in unserer Gemeinde ein Gefängnis unterhalten. Auch baulich gab es in dieser Zeit eine Reihe von Veränderungen. Jedenfalls muss es sich lange Zeit schlichtweg um einen Anbau am Amtshaus gehandelt haben, in jüngster Zeit schließlich um einen Winkelbau in direkter Nachbarschaft zu demselben, in dessen Keller und Erdgeschoss die Gefängniszellen und in dessen Obergeschoss die Dienst- und Privaträume des Gefängnisaufsehers untergebracht waren. Zum ersten Mal aktenkundig wurde die Haftanstalt übrigens im Jahr 1571. Laut Salzschlirfer Chronik ließ da der Zentgraf von Lüder „beide Bürgermeister, drei Schöffen und den dortigen Müller“ nach Lüder ins Gefängnis schaffen. 1953 wurde es offiziell geschlossen. Aber kurz zuvor war es noch von der amerikanischen Besatzungsmacht als Ausweichgefängnis für das zerstörte Fuldaer Amtsgericht genutzt worden…
Lange Zeit, nämlich ab Ende 1872, verfügt durch den preußischen Justizminister, durften nur Gefängnisstrafen mit einer Länge von maximal acht Tagen in unserem Ort vollzogen werden. Da liegt die Vermutung nahe, dass das Gefängnis nicht gerade sicher gewesen zu sein scheint. Anhand einiger dokumentierter Ausbrüche lässt sich das auch bestätigen. So flüchtete im Dezember 1885 ein wegen Landstreicherei einsitzender Malergehilfe durch den angrenzenden Garten des Bauern Leopold Klüh („Kremesch“). 1892 gelang einem in Bimbach festgenommenen Räuber aus dem Raum Gießen die Flucht aus dem Amtsgerichtsgefängnis schon in der ersten Nacht. Er hatte die Fachwerkwand des Gefängnisses durchgedrückt und war, barfuß und ohne Hosenträger, durch den Sprung auf einen angrenzenden Hühnerstall entkommen…
Erst ein Neubau im Jahre 1894 brachte Abhilfe, und bis 1947 wurden keine Ausbrüche mehr bekannt. Aber in diesem Jahr gelang gleich drei Häftlingen die Flucht. Sie hatten sich in Richtung des Anwesens Rützel („Killes“) über die dortige Mauer abgeseilt und waren entkommen…
(Vgl. Gerhard Dietrich: „Das Großenlüderer Gefängnis“ in „1200 Jahre Großenlüder – ein Ort und seine Geschichte(n)“.

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Repro: Hubert Brähler