Fräulein Sonius und die Badehose – Nach den Erinnerungen von Rudolf Dimmerling –


Fräulein Sonius und die Badehose
– Nach den Erinnerungen von Rudolf Dimmerling –

Rudolf war gerade in die Oberklasse gekommen. Jetzt hatte er mit Herrn Faulstich endlich einen guten Klassenlehrer, nachdem er sechs Jahre lang bei Lehrer Will kaum was gelernt hatte. Allein, ganz war er die „Eule“, wie sie Will hinter dessen Rücken nannten, noch nicht los, denn dieser organisierte die gelegentlichen Arbeitseinsätze der Schüler in der Landwirtschaft. Meist mussten sie Bucheckern suchen oder Kartoffelkäfer ablesen.
So auch dieses Mal. Es muss etwa im September 49 gewesen sein, als die „Eule“ den Kartoffelkäfereinsatz auf „Hannätches Acker“ oberhalb der Grotte angeordnet hatte. Das Wetter war hervorragend und die „Eule“ unfähig wie eh und je. Das war ihre Chance. „Chester“ (Rudi Wagner) und „Hannätches“ Paul hatten wie üblich das Kommando übernommen und Rudolf und vier weitere Freunde, darunter Erich Michel, zogen mit. Sie wollten sich im wahrsten Sinne des Wortes „vom Acker machen“ und baden gehen…
Als der vereinbarte leise Pfiff ertönte, warfen sich die Jungs in ihren Reihen zwischen die schon hoch gewachsenen Sträucher und warteten so lange, bis die anderen sich suchenderweise etwas weiter vorgearbeitet hatten. Dann schlichen sie sich davon und schlugen den direkten Weg zum Männerbad ein. Keine zehn Minuten später sprangen sie in die doch schon recht kalte Lüder. Einzig Paul Odenwald hatte seine schwarze Badehose dabei, die anderen badeten notgedrungen nackt, was kein Problem darstellte, solange sie alleine waren. „Wenn jemand auf dem Kirchenpfädchen unterwegs war, mussten wir halt ‚putschelnʻ wie verrückt, damit man nicht sehen konnte, dass wir nichts anhatten“, erklärt Rudolf.
Just in dem Moment, als Paul meinte, es würde ihm langsam zu kalt, er müsse raus, näherte sich das „Verhängnis“ in Form einer jungen, attraktiven Lehrerin. Fräulein Sonius erschien nämlich auf der Badewiese, zog sich in der Umkleidekabine um, hüpfte schließlich vom Wehr aus ins Wasser und schwamm auf sie zu. „Was sollten wir tun? Uns packte die Panik und es blieb uns nichts Anderes übrig, als zu ‚putschelnʻ wie die Weltmeister. So ist es uns wenigstens wieder etwas wärmer geworden“, lacht Rudolf.
Zum Glück nahm die junge Frau kaum Notiz von den Jungs und schwang sich, sportlich wie sie war, an der Wurzel aus dem Wasser, um sich auf ihrer Decke in die Sonne zu legen. „Aber noch war uns nicht geholfen. Wir mussten dringend raus“, so Rudolf weiter. Nach kurzer Diskussion fassten die zitternden Buben einen Plan: Paul Odenwald, „der mit der Badehose“, kletterte als erster aus dem Wasser, zog sich um und warf die Badehose an der „Wurzel“ seinen Kameraden wieder zu. Dementsprechend wiederholten sie das Prozedere, bis schließlich der letzte Junge aus den kühlen Fluten der Lüder „gerettet“ war. – Und das geschah genau in dem Moment, als Fräulein Sonius ihre Badesachen zusammenpackte und aufbrach Richtung Steg …

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