Dorfgedächtnis, Kirchenglocken fürs Vaterland, 1917

Kirchenglocken fürs Vaterland, 1917
Erst im Jahr 1914 war unser Glockenensemble durch großzügige Stiftungen auf sechs Glocken ergänzt worden. Unsere Kirchengemeinde konnte nun auf ihr weithin hörbares melodisches Geläut stolz sein. Natürlich wusste man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es in den darauffolgenden Jahren rund um unseren Kirchturm ein regelrechtes Auf und Ab geben würde. Vielmehr kam noch während des 1. Weltkrieges die erste Hiobsbotschaft. Drei Glocken sollten beschlagnahmt werden. Mitte Juni 1917 begann unter der Leitung eines Kirchenrendanten der schwierige Ausbau der Glocken. Nach langer Vorarbeit wurde zunächst die St. Josefsglocke aus dem 22m hohen Turmfenster ganz langsam herausbewegt und in die Tiefe gestürzt – auf einen 2m hohen Reisighaufen. Für alle Augenzeugen ein spektakulärer und gleichermaßen bewegender Augenblick. Vier Stunden später folgte die Salvatorglocke, mit 34 Zentnern ein wahrer Koloss. Tags darauf gelang es schließlich auch, die Marienglocke glücklich nach unten zu befördern. Ein Fotograf hielt das denkwürdige Ereignis in Bildern fest. Auf einer seiner Fotografien fand sogar ein dichterischer Abschiedsgruß seinen Platz (Siehe Bild!).
Indes wehrte sich unser kämpferischer Pfarrer Hillenbrand mit allen Mitteln gegen die geplante Zweckentfremdung. Und tatsächlich durften im Dezember die Glocken wieder an ihren angestammten Platz zurückgeschafft werden. Leider währte der Erfolg nicht lange. Fronleichnam 1918 wurden sie endgültig konfisziert, und es sollte Ende 1920 werden, bis unser Geläut wieder vervollständigt werden konnte. Im 2. Weltkrieg kam es leider noch schlimmer. Bis auf die kleinste Glocke mussten alle abgegeben werden. Und dieses Mal dauerte es noch länger, bis das Sextett im Glockenturm endgültig wieder komplettiert werden konnte – nämlich bis zum Jahr 1960. / M. Michel
Quellen: Chronik der Pfarrgemeinde St. Georg Großenlüder

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