Waghalsigkeit in schwindelnder Höhe
„Das Drei-Kaiser-Jahr 1888 hatte es in sich“, wusste Johann Vogel anlässlich seiner Goldenen Hochzeit im Jahr 1960 zu berichten. Artisten hatten ein Drahtseil zwischen dem Kaiserhof und „Fleisch-Lähnse“ (also zwischen Pappert und der Raiffeisenbank) über die heutige Bahnhofstraße gespannt und zeigten ihre Kunst in der luftigen Höhe. Ein Artistenpärchen sang dabei auch noch das damals bekannte Lied „Tiroler Bub“. „Eine Sensation für unser Dorf“, so Vogel. Die Umstände indes, unter denen er das Lied wenige Wochen später erneut hören würde, sollten gar noch spektakulärer sein…
Gerade war der damalige Lehrer und Kantor Konrad Schrimpf im Schweiße seines Angesichts wieder einmal mit Hilfe einer Latte (sonst zum Anzeigen an der Landkarte) seinem Erziehungsauftrag nachgekommen, indem er die halbe Klasse durchgeprügelt hatte – anders war den bösen Buben einfach nicht beizukommen. Da musste er feststellen, dass einer, Franz Lehmer nämlich, immer noch nicht genug hatte. Deshalb blieb ihm nichts Anderes übrig, als diesen in den Kaminraum zu sperren, der mit einer eisernen Tür abgeschlossen werden konnte. Erst jetzt war Unterricht wieder möglich. Nach einiger Zeit jedoch ertönte das oben erwähnte Lied ein zweites Mal. Dabei hörte es sich an, als ob der Gesang „von weit oben“ käme. Sekunden später war an Unterricht nicht mehr zu denken. Geschrei und Tohuwabohu drangen von draußen herein und alle stürzten ins Freie. Im Nu war das halbe Dorf rund um das Schulhaus (heute Jugendheim) zusammengelaufen. Den Leuten stockte der Atem. Ursache der Aufregung war einmal mehr Franz Lehmer: Im Kamininneren hinaufgeklettert, stand er nun rußgeschwärzt, aber „aufrecht wie ein Akrobat“ auf dem oberen Rand des Schornsteines und sang lauthals vor sich hin. Schließlich verbeugte er sich nach allen Seiten, blieb aber, wo er war. Erst nach langem Zureden und unter Zusicherung völliger Straffreiheit, ließ er sich dazu bewegen, seinen exponierten Standort wieder zu verlassen. Heil unten angekommen, sollte er aller Versprechungen zum Trotz „die Abreibung seines Lebens“ bekommen. „Solche Mätzchen konnte man einfach nicht durchgehen lassen…“ (Quelle: Archiv Heimatmuseum)
Großenlüder in Vergangenheit und Gegenwart
Unterstützen Sie uns bitte bei unserer Arbeit! Alte Fotos und Geschichten sind wichtige Zeitzeugnisse.
Stellen Sie deshalb Ihre alten Bilder zur Verfügung und erzählen Sie uns Ihre Geschichte(n)!
Ihr Eigentum bekommen Sie selbstverständlich wieder wohlbehalten zurück.
Kultur,- Heimat- und Geschichtsverein der Gemeinde Großenlüder e.V.
Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, der wende sich bitte an
Thomas Mohr, Tel. 8544, thmohr@online.de, Michael Michel Tel. 8848
Klaus Schmitt, Tel. 8241, vkschmitt@web.de, Andreas Ruhl, Tel 620110, andreasruhl@gmx.net
Oder jeden Montag von 10 bis 12 Uhr im Heimatmuseum, Tel. 9110350