Von der „Lappegass“ zur Bahnhofstraße – Nach der Recherche von Gerhard Dietrich –

Von der „Lappegass“ zur Bahnhofstraße
– Nach der Recherche von Gerhard Dietrich –

Bis zum Jahr 1900 hieß die Bahnhofstraße in Großenlüder „Lappengasse“. Warum sie so genannt wurde, lässt sich heute leider nicht mehr sicher nachvollziehen. Ob es mit der „Ferwes“- oder der Tuchherstellung zusammenhing
oder einmal eine Familie mit dem Namen Lapp dort gewohnt hat, bleibt unklar. Zumindest steht unsere Gemeinde nicht alleine, gab und gibt es doch in vielen Städten und Gemeinden „Lappengassen“. Der neue Name taucht übrigens offiziell zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Ausbau und der Neupflasterung der Straße im Jahr 1900 auf. Vorher war sie übrigens nur bis zur Abzweigung der „Kleinen Hohle“ gepflastert (Höhe Dönerladen). Darüber hinaus handelte es sich allenfalls um einen besseren Feldweg. Warum war der Ausbau nötig geworden?
Schon im Jahr 1871 war die Eisenbahnstrecke Gießen – FD in Betrieb genommen worden. Sie hatte natürlich für die ganze Region neben der militärischen eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. Insbesondere für „unsere Westfalengänger“ – und tatsächlich verdienten bekanntermaßen nicht wenige ihren Lebensunterhalt in der Fremde – brachte das eine riesige Erleichterung, konnten sie doch jetzt mit der Bahn ins Ruhrgebiet fahren. Dort wurden jedoch im Rahmen der sich entwickelnden Industrialisierung nicht nur Arbeitskräfte gebraucht. Vielmehr wurde eine Unmenge an Bauholz benötigt – nicht nur zum Bau von Gebäuden und Bahnstrecken, sondern auch zum Abteufen der Kohlegruben und Schächte. Für das sog. Grubenholz eigneten sich besonders Eichenstämme, die in unserer waldreichen Gegend reichlich vorhanden waren. Deswegen wurden entlang der Bahnstrecke, so auch in Großenlüder, Verladebahnhöfe gebaut. Allerdings waren für die schweren Grubenholzwagen die meisten Wald- und Feldwege, aber auch innerörtliche Straßen nicht befestigt genug. So kam es zum Ausbau der Lappengasse. Dazu muss man wissen, dass die Anlieger fast alle Hüttner waren, die Eingangstreppe, Misthaufen und Jauchegrube meist nach vorne zur Straße hin angelegt hatten. Zugleich brauchten sie vor ihren Häusern auch noch Platz für ihre landwirtschaftlichen Gerätschaften und zum Anschirren ihrer Zugtiere. Die Grubenholzwagen waren jedoch nicht nur schwer, sondern auch sehr lang. Die Straße musste also auch verbreitert werden. Das brachte natürlich einen Interessenkonflikt mit sich. Überliefert ist, dass schon 1874, also kurz nach der Inbetriebnahme der Bahnstrecke, unsere Gemeinde vom Landratsamt in Fulda – in weiser Voraussicht – mit 500 Thalern unterstützt wurde für die Verbreiterung der Lappengasse und den Kauf eines Hauses zwecks Abriss desselben…

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