„Vo de Stompschwänz“
Schaut man sich Lütterz auf der Karte an, so stellt man fest, dass seine Nachbarorte Bimbach, Großenlüder, Lüdermünd und Hemmen alle nur wenige Kilometer entfernt liegen. Ob dieser Nähe sollte man also annehmen, dass sich die Beziehungen zu diesen Gemeinden ähnlich entwickelt hätten. Im Fall von Hemmen ist dies jedoch weit gefehlt. Als ob das Dorf hinter einer unsichtbaren Wand gelegen hätte. Und tatsächlich gab es etwas Vergleichbares: die sogenannte „Glaubensgrenze“.
Die Reformation machte eine gutnachbarschaftliche Beziehung sozusagen unmöglich, schloss sich doch das Schlitzerland, somit auch Hemmen, der evangelischen Konfession an, während Lütterz als Teil des Fuldaer Landes katholisch blieb. Die Kontakte beschränkten sich deshalb über viele Jahrhunderte auf ein absolutes Minimum.
Der „Abstand“ wurde zunehmend größer. Man konnte sich nicht mehr kennen lernen, es gab keine Freundschaften über die Konfessionsgrenze hinweg, geschweige denn Hochzeiten; man besuchte sich nicht, man sprach nicht miteinander. Vielmehr beobachtete man „die anderen“ argwöhnisch und traute sich gegenseitig nicht über den Weg. „Dee Blowe“ (die Blauen) oder „dee mit de stiefe Haand“ (weil sie kein Kreuzzeichen machten) waren übliche Ausdrücke für die Evangelischen.
Wieso nannte man die Hemmener aber „Stompschwänz“? – Das lag daran, dass man im Schlitzerland noch lange Zeit Trachten trug, selbst als dies im Kreis Fulda schon längst nicht mehr üblich war. Kennzeichen dieser Tracht waren die verhältnismäßig kurzen (mehrfach übereinander getragenen) Röcke der Mädchen, die beim Laufen immer wippten, und die, wie es aussah, stumpfen Schwänze – also „Stompschwänz“. Mit Willy Döppner lässt sich feststellen: „Der Weg zu Fuß war nicht weit, aber der Weg zueinander umso mehr.“ Zum Glück haben sich die Zeiten geändert. Dank der ökumenischen Bewegung nähern sich die Kirchen heute wieder an. Die Konfessionen arbeiten vielfach zusammen, und Gemeinsames wird betont. Im täglichen Leben hat das konfessionell Trennende für die meisten Menschen ohnehin keine Relevanz mehr. Das lässt auch für Lütterz und Hemmen auf eine weitere Verkürzung des „Abstandes“ hoffen.
(Quelle: Willy Döppner, „Dee Stompschwänz komme“ in: Lorenz Uebelacker, „Lütterz: Dorfchronik und Heimatbuch“, Seite 204.)
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