Kriegerverein Großenlüder – Nach den Aufzeichnungen von Gerhard Dietrich –

Kriegerverein Großenlüder
– Nach den Aufzeichnungen von Gerhard Dietrich –

Insbesondere an Sonn- und (hohen) Feiertagen war das Straßenbild vor dem ersten Weltkrieg viel stärker von Uniformen geprägt als heute. Militarismus, Kriegervereine, Waffen und Ehrensalven spielten eine deutlich wichtigere Rolle. Stand beispielsweise die Beerdigung eines ehemaligen Soldaten an, war klar, dass diese nicht ohne Salutschüsse geschehen konnte. Drei Ehrensalven waren die Regel – durchaus auch bei uns in Großenlüder. Dazu ebneten eine von Zucht und Ordnung bestimmte Geisteshaltung, ein unkritischer Patriotismus und eine aus heutiger Sicht unverständliche Kriegsbegeisterung – nicht nur in Deutschland – den Weg in den Ersten Weltkrieg.
Spätestens seit dem gewonnen Krieg von 1870/71 über den Erbfeind Frankreich nahm das preußische Militär in Deutschland einen noch höheren Stellenwert ein als vorher. Das trug auch in unserer Gemeinde dazu bei, dass im Juli 1872 ein Kriegerverein gegründet wurde. Selbstverständlich, dass eine große Zahl aktiver Soldaten, Reservisten und Veteranen dem neuen Verein beitrat und ihm meist lebenslang treu blieb.
Oft wurden von Kriegervereinen die jährlichen Sedanfeiern organisiert – zum Gedenken an die Kapitulation Frankreichs nach der Schlacht von Sedan. Über eine solche Feier in unserer Gemeinde im Jahr 1874 wissen wir, dass sie mit Gottesdienst, Festzug, Konzert im Weißmüllerschen Gasthaus (Ruhl bzw. „Reise“), Feuerwerk am Langen Berg und einem Festball zum Abschluss begangen wurde. Für viele Kriegervereine in Deutschland und Österreich galt, dass sie sich eher zu den Gegnern der aufkommenden Arbeiterbewegung zählten. Insbesondere Sozialdemokratie und Gewerkschaften wurden vielerorts politisch bekämpft. Angesichts der weit verbreiteten militaristischen und nationalkonservativen Grundhaltung wundert das kaum. Vorrangig sahen sie aber ihre Aufgabe in der sozialen Pflicht, kranke Soldaten, Kriegsversehrte, Hinterbliebene und Veteranen zu unterstützen und sich um Kriegsgräber zu kümmern. Wegen dieser ihrer sozialen Tätigkeiten wurden vielerorts selbst die Gemeinden aufgefordert, den Vereinen beizutreten und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. So erging im Jahr 1897 beispielsweise die entsprechende Aufforderung des königlichen Landrats von Fulda an eine Reihe von Bürgermeistern, darunter auch den von Kleinlüder. Insgesamt hielten sich die Vereine bis weit nach dem Ersten Weltkrieg. Erst mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten fielen die Kriegervereine der einsetzenden Gleichschaltung zum Opfer. Dementsprechend wurden im Jahr 1938 laut Wikipedia sämtliche Kriegervereine und ähnliche Organisationen zwangsweise in den NS-Reichskriegerbund eingegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg schließlich verbot die amerikanische Besatzungsmacht in ihrer Zone die Wiedergründung jeglicher Kriegervereine.
Quellen: Wikipedia; Fuldaer Kreisblatt von 1874, Nr. 74 und von 1897, Nr. 68.

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