Großenlüder im 3. Reich, Inferno an der Grotte

Inferno an der Grotte
Fortsetzung des Berichts über die Karwoche 1945 auf Grundlage der Erinnerungen von Helmut Völlinger, Jahrgang 1933:
… Ein Halbkettenfahrzeug der Wehrmacht mit drei Anhängern und einer Gulaschkanone hatte vor den amerikanischen Fliegern in dem Hohlweg oberhalb der Grotte Schutz gesucht. Neugierige Jungs aus dem Dorf hatten natürlich sofort nachschauen wollen, was da los war. Helmut war Gott sei Dank etwas später dran. Jedenfalls hatten die Amerikaner den Zug im Nu entdeckt und in Brand geschossen – wahrscheinlich mit Phosphorbomben.
Geistesgegenwärtig hatten sich die Jungs aus Großenlüder in Kanalrohre und Gräben verkrochen und völlig traumatisiert das Inferno überlebt. In einem Fall dauerte es Wochen, bis der Junge wieder „normal“ war, weiß Helmut zu berichten. Auch die Soldaten hatten sich irgendwie gerettet und waren untergetaucht. Einzig ein russischer Kriegsgefangener, der oberhalb der Grotte auf einen ungeschälten Fichtenstamm geklettert war, um eine provisorische Feldleitung zu installieren, war herabgestürzt und verbrannt. Die sterblichen Überreste des Wasili Striapuchin, geb. 3.9.1923, fanden in einem Grab auf unserem Friedhof ihre letzte Ruhe.
In der Folgezeit trafen sich am Unglücksort immer wieder Kinder und Jugendliche, um dort Kettenglieder, Waffenteile und andere Relikte zu suchen. Wochen später entdeckten sie links neben der Grotte ein provisorisches Munitionslager. Ein weiterer neuer „Abenteuerspielplatz“, so Helmut. Ganze Munitionskartons – meist Platzpatronen – warfen sie ins Feuer und fanden die Detonationen schlichtweg irre, bis einer von Helmuts Freunden von einem Splitter am Oberschenkel getroffen wurde. Wochenlang litt dieser unter der nur notdürftig versorgten Wunde. „Dos dofde jo de Äellen nett wess.“ Und leider war das nicht der einzige Vorfall dieser Art. Oberhalb der Röde fand ein Junge sogar den Tod. Helmut erinnert sich: „Dos woar om Beimezäerle“.

Quelle: Interview mit Helmut Völlinger

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