Großenlüder im 3. Reich, Der Vorfall am Tannenhof

Der Vorfall am Tannenhof
Am späten Gründonnerstag des Jahres 1945 waren die Amerikaner – kurz nachdem die letzten Wehrmachtsangehörigen abgezogen waren – mit schweren Panzern in unser Dorf eingerückt und hatten das Kommando übernommen. Zum Glück für Großenlüder kam es nur in wenigen Ausnahmefällen zu gewalttätigen Übergriffen. Dennoch soll hier von einem dieser Vorfälle berichtet werden: Eine der ersten Anordnungen der amerikanischen Militärführung betraf nämlich den Umgang mit geflüchteten deutschen Soldaten. So war es unter Androhung der Todesstrafe verboten, durchziehenden ehemaligen Soldaten
Unterschlupf zu gewähren oder diese zu versorgen. Aber nur wenige Tage nach ihrem Einmarsch mussten die Amerikaner nach Aussage des Zeitzeugen Walter Möller irgendwie in Erfahrung gebracht haben, dass auf dem etwas abseits am Waldrand gelegenen Tannenhof immer mal wieder versprengte Soldaten um Hilfe gebeten hatten. Infolge dessen überwachten die Amerikaner den Hof und ortsfremde Militärs (sogenannte „Werwölfe“, weil sie die Uniform unter Zivilkleidung trugen) wurden entdeckt. Ob es daraufhin zu einem Schusswechsel kam, ist nicht bekannt. In jedem Fall kamen drei Wehrmachtsangehörige ums Leben und fanden auf unserem Friedhof ihre letzte Ruhestätte. Für die Dorfbewohner war dies einer der letzten grausamen und sinnlosen Momente des Zweiten Weltkrieges. Möller erinnert sich: „Ich habe noch heute vor Augen, wie die getöteten Soldaten auf den Kühlerhauben von Jeeps durch das Dorf gefahren und zum Friedhof gebracht wurden.“
Noch sinnloser und menschenverachtender war indes der Tod eines deutschen Kradmelders wenige Tage zuvor gewesen. Der vom Rückzug ermattete Soldat war von einem fanatischen SS-Angehörigen wegen angeblicher Fahnenflucht – sozusagen als mahnendes Beispiel – im Graben an der Lütterzer Straße erschossen worden. Die Identität aller vier Soldaten konnte übrigens ermittelt und ihre Grabpflege durch die Gemeinde in Abstimmung mit ihren Angehörigen organisiert werden.

Quellen: Zeitzeuge Walter Möller; Gemeinde Großenlüder (Hrsg.): 1150 Jahre Großenlüder, Fulda 1973; Fuldaer Volkszeitung vom 21.03.1957.

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