Dorfgedächtnis, Großenlüder im 3. Reich, Die 13 Neinsager

Die 13 Neinsager
Nachdem Hitler im Oktober 1933 den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund erklärt hatte, sollte in einer
Volksabstimmung am 12. November 1933 das Volk seiner Entscheidung im Nachhinein zustimmen. Die gleichzeitig stattfindende Reichstagswahl war nach Ermächtigungsgesetz und Gleichschaltung zur Farce geworden, da alle Parteien außer der NSDAP in der Zwischenzeit ausgeschaltet waren. Bis dahin hatte die Hitlerpartei in Großenlüder übrigens maximal 11,1 Prozent erreicht!
Die Volksabstimmung dagegen sollte nach außen hin die Einheit von Führer und Volk demonstrieren. Deswegen war ihr Ergebnis den Nazis äußerst wichtig. In Großenlüder stimmten 13 Wähler mit „Nein“ (bei einer Enthaltung). Die 13 Neinsager erregten den Unmut der Nationalsozialisten und sollten deswegen einen Denkzettel bekommen. Laut Berge prahlten die Nazis sogar in ihrer Jubiläumschrift von 1939 „15 Jahre Ortsgruppe der NSDAP in Fulda“ damit, wie sie mit den Widerständlern in unserem Dorf umgesprungen waren. Dabei sei dahingestellt, wie sicher die Nazigegner identifiziert werden konnten. Von Wahlgeheimnis konnte bestimmt keine Rede mehr sein. Im Übrigen waren natürlich die offensten Nazifeinde bekannt – vorneweg Pfarrer Hillenbrand. Jedenfalls war am nächsten Morgen an den 13 Häusern der mutmaßlichen Gegner ein ‚Nein‘ mit Farbe aufgepinselt und von zwei Hakenkreuzen umrahmt. So gebrandmarkt wurden die Betroffenen gleichzeitig in einem Pamphlet im Aushängekasten der Partei auf das Übelste beschimpft und diffamiert. Von Kreaturen, Dummheit, Staatsfeinden, unglücklichen Würmern, kommunistischem Lumpengesindel, Volksschädlingen etc. war hier die Rede.

Quellen: Otto Berge, die 13 Neinsager von Großenlüder, Fuldaer Zeitung; Elmar Schick, Stationen der Machtübernahme, Fulda 2002; Elmar Schick, Täter und ihre Opfer, Petersberg 2015; Rudolf Zibuschka, Fulda 1932-1939 im Spiegel der Fuldaer Zeitung, Fulda 1989

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